„Es entsteht immer mehr der Eindruck, als sei der Koalitionsvertrag reine Makulatur. Statt wie darin festgeschrieben die ambulante Versorgung zu stärken, wird sie offensiv geschwächt“, empört sich Dr. Jörg Böhme, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA), nachdem das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch (27. Juli 2022) den Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes verabschiedet hat. Dieses sieht nicht nur vor, die erst 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Neupatientenregelung wieder zu streichen, es soll auch an die extrabudgetäre Vergütung der sogenannten offenen Sprechstunde gehen.
Beide Regelungen sind darauf ausgelegt, dass Patienten in den ohnehin stark belasteten Praxen vorstellig werden können: entweder über Termine, die die Praxen über die Terminservicestelle bereitstellen, oder über die offene Sprechstunde, die ohne Termin besucht werden kann.
Dr. Böhme: „Fraglich ist, ob die Vertragsärzte unter diesen neuen Bedingungen das Terminangebot aufrechterhalten. Fraglich ist auch, wie verlässlich politische Entscheidungen überhaupt noch sind.“ Damit spielt der KVSA-Vorstandsvorsitzende auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an, der sich 2019 selbst für die Neupatientenregelung stark gemacht habe. Doch bei diesem Gesetzesentwurf steht nicht mehr die Versorgung der Patienten im Vordergrund, sondern allein die Reduzierung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, so Böhme.