„Steht bei Ihnen bis Jahresende noch ein Arztbesuch an? Dann kann es gut sein, dass Ihr Arzt Ihre Behandlung nicht vollumfänglich oder gar nicht vergütet bekommt und er Sie somit unbezahlt dennoch medizinisch versorgt“, sagt Dr. Jörg Böhme, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA), und weist damit auf die Tatsache hin, dass ärztliche Leistungen zum größten Teil budgetiert sind. Ab jetzt bekommen Sachsen-Anhalts Vertragsärzte statistisch gesehen kein Geld mehr für die meisten Behandlungen.
In Sachsen-Anhalt werden den Praxen zehn Prozent ihrer erbrachten Leistungen von den Krankenkassen nicht vergütet: Für die ambulant tätigen Haus- und Fachärzte sind das 2022 rund 75 Millionen Euro gewesen. Dazu kommen steigende Praxis- und Personalkosten, für die es keine adäquaten Ausgleiche gibt.
Die Budgetierung ist für die Vertragsärzteschaft nicht neu. Doch aufgrund des bestehenden und weiter zunehmenden Mangels an Ärzten und Arztzeit ist diese einfach nur noch unverständlich. Die Praxen sehen sich einer immer stärkeren Belastung ausgesetzt: Die Patienten werden älter und multimorbider und der Bedarf an ärztlichen Leistungen steigt weiter (Sachsen-Anhalt hatte 2022 mit einem Durchschnittsalter von 47,9 Jahren die bundesweit älteste Bevölkerung). Nicht erst seit 2023 versorgen Sachsen-Anhalts Ärzte in ihren Praxen mehr Patienten als ihre Kollegen in anderen Bundesländern.
„Eine vollumfänglich erbrachte Leistung muss auch vollumfänglich vergütet werden – und zwar für alle Facharztgruppen. Budgets sind leistungsfeindlich. Die Budgetierung muss weg. Das wäre auch ein wichtiges Zeichen für angehende Mediziner, die überlegen, sich niederzulassen“, so Dr. Böhme und merkt kopfschüttelnd an: „Kein anderer Berufsstand hat kalkulierte Preise, die nicht auch vollständig gezahlt werden. In der derzeitigen Lage, in der die Praxen unter extremen Belastungen stehen, ist das einfach nicht mehr hinnehmbar.“