Neue Herausforderungen, alte Sorgen
Sehr geehrte Kollegin,
sehr geehrter Kollege,
nun können Sie nicht nur, nun müssen Sie: Die freiwillige Phase der "ePA für alle" in den Arztpraxen ist vorbei – seit dem 1. Oktober ist diese digitale Anwendung verpflichtend. Die technischen Voraussetzungen sollten gegeben sein, jedenfalls sind die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen angehalten gewesen, bis zum Pflicht-Start das entsprechende Software-Modul zu installieren und freizuschalten. Wir wissen aber von vorherigen digitalen Neuerungen, dass nur, weil etwas im System installiert ist, es nicht immer im Alltag reibungslos funktioniert. Technische Störungen werden in der Anfangszeit nicht ausbleiben, auch wenn – glücklicherweise – eine freiwillige Phase vorgeschaltet war.
Doch lassen Sie uns der ePA eine Chance geben. Ich bin überzeugt – und wiederhole mich da auch gern, dass die ePA eine nützliche Unterstützung im Praxisalltag sein kann. Wenn alle behandelnden Ärzte im ambulanten und im stationären Bereich sie befüllen, wenn die Patienten sie akzeptieren. Lesen Sie dazu auch die Seiten 10 bis 12 in dieser PRO. Oberste Priorität hat aus meiner Sicht, dass wir alle an einem Strang ziehen. Die Praxen sind die ePA- Vorreiter. Dieser Herausforderung stellen wir uns auch gern, weil wir das Potenzial sehen. Doch dann bitte mit einer digitalen Neuerung, die problemlos funktioniert und nicht immer wieder auftretende Störungen zur Dauer-Mehrbelastung im Praxisalltag werden. Natürlich hilft weiter, was der Hausarzt oder Facharzt zu jeweiligen Patienten im aktuellen Behandlungskontext eingestellt hat. Aber medizinische Versorgung ist doch mehr. Wo bleiben die anderen Leistungserbringer im Gesundheitswesen? Der stationäre Bereich, die Pflege…
Sie müssen zeitnah mit ins Boot. Und solange wir noch Alleinkämpfer unter erschwerten technischen Bedingungen sind, darf es keine Sanktionen geben. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann die "ePA für alle" Erfolgsgeschichte schreiben und Mehrwerte für alle Seiten bringen.
Themawechsel 1
Die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen war lange überfällig. Nun ist sie zum 1. Oktober 2025 Realität. Nahezu jede im hausärztlichen Versorgungsbereich vollumfänglich erbrachte Leistung wird vollumfänglich vergütet. Darum haben wir alle lange gekämpft. Unsere Befürchtungen, dass dies sehr deutlich zu Lasten der nicht entbudgetierten Anteile der hausärztlichen Vergütung gehen könnte, scheint sich nicht zu bewahrheiten. Nun muss als nächstes die Entbudgetierung der fachärztlichen Leistungen folgen. Die Honorarverhandlungen auf Bundesebene für das nächste Jahr sind abgeschlossen. Der Orientierungswert und damit die Vergütung ärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen wird zum Jahresbeginn um 2,8 Prozent steigen. Wir sind damit alles andere als glücklich. Da hilft auch nicht, dass kurz zuvor Nullrunden und haarsträubende Sparvorschläge im Raum standen. aufgrund der wirtschaftlichen Situation im Allgemeinen und der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung im Speziellen hätte der Wert höher ausfallen müssen. Nun gehen die Verhandlungen auf Landesebene weiter. Wir appellieren an die Verantwortung der hiesigen Krankenkassen, mit uns gemeinsam vernünftige Lösungen zu finden. Die medizinische Versorgung darf keine Einbahnstraße werden, wir müssen sie gemeinsam leben und gestalten, im Sinne aller Beteiligten.
Themawechsel 2
Dass Apotheker gegen Grippe und COVID-19 impfen dürfen, ist für uns immer noch unverständlich. Nun sollen – geht es nach dem Wünschen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums – Apotheken verschreibungspflichtige Medikamente herausgeben dürfen, ohne ein Rezept vom Arzt in den Händen zu halten. Sie wollen somit Leistungen übernehmen, die hoheitlich in den Bereich von Ärzten und Psychotherapeuten fallen – aus gutem Grund: Die Ärzte und Psychotherapeuten sind dafür ausgebildet, vor der (Arzneimittel-)Therapie steht die Diagnose. Sie kennen ihre Patienten und ihre Krankheitsgeschichte. Im Sinne des Patienten sollten Arzt und Apotheker vor Ort ihre bisherige gute Zusammenarbeit weiterhin pflegen. Oder anders gesagt: "Schuster, bleib bei deinen Leisten…". Lesen Sie dazu Seite 6 in dieser PRO.
Übrigens: Sehen wir uns am 24. und/oder 25. Oktober im Stadtforst Wernigerode? Die Heilberufe Sachsen-Anhalts laden zum gemeinsamen Pflanzen ein. Sie sind herzlich willkommen. Ob mit Praxisteam, in Familie oder mit Freunden. Sie wollen Näheres wissen – auf Seite 15 in dieser PRO finden Sie alles Wichtige.
Ihr
Jörg Böhme